„Die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Grundgesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes verteidigen“
Max Reimann (KPD) 1949 zur Verabschiedung des Grundgesetzes
Als Stadtteilorganisierung wollen wir die aktuellen Entwicklungen um die Israel/Palästina-Frage nicht unkommentiert lassen. Sie betreffen unsere Arbeit schon deshalb, da sie auch unsere Grundrechte berühren. Unmittelbar konfrontiert werden wir mit den Auswirkungen rassistischer Hetze durch AfD und Ampelparteien im Wedding.
Unsere Anteilnahme gilt den Hinterbliebenen der getöteten Zivilist:innen in Israel/Palästina.
Wir positionieren uns entschieden gegen die Spaltung unserer Klasse in religiöse und ethnische Identitäten durch neofaschistische Regierungen oder religiös-fundamentalistische Gruppierungen hier und in Israel/Palästina. Auf einer Politik des Genozids und ethnischen Hasses kann keine sozialistische Perspektive des friedlichen Zusammenlebens der Völker in einem plurinationalen Staat, noch ein friedliches Zusammenleben in zwei getrennten Staaten folgen. Für uns als Sozialist:innen kann eine solche Politik kein Bezugspunkt sein.
Angesichts der staatlich und medial inszenierten rassistischen Kampagnen, die nun aber unter dem Deckmantel des angeblichen „Kampfes gegen Antisemitismus“ in diesem Land losgetreten wurden, möchten wir für unseren Kontext klar Position beziehen:
Unsere Solidarität in Berlin gilt denjenigen, denen Grundrechte entzogen werden und denen jedes Recht auf Protest genommen wird. Diese Form der Repression äußert sich zur Zeit täglich in Gewalt, Kontrollen, Festnahmen, Strafanzeigen, Hausdurchsuchungen, Auflösungen von Versammlungen und öffentlicher Stigmatisierung. Das Vorgehen richtet sich in ihrer Mehrheit gegen Migrant:innen. Wir verurteilen diesen politisch kalkulierten Verfassungsbruch.
- Proteste gegen Krieg und Besatzung in Israel/Palästina und überall sonst sind legitim und richtig!
- Die Proteste werden unsere Unterstützung erfahren – bei allen Widersprüchen mit denen wir uns in unserer alltäglichen Arbeit konfrontieren lassen müssen. Wir lassen uns nicht spalten!
Erschreckend ist, wie viele Menschen sich inzwischen für autoritäre und undemokratische Politik gegen die Meinungsfreiheit instrumentalisieren lassen. So ernten diese grundrechtswidrigen Maßnahmen der Berliner Polizei nicht nur Applaus von ganz rechts, sondern auch unter dem Vorwand des angeblichen Kampfes gegen Diskriminierung auf den Straßen von Menschen im vormals linken Milieu.
In den Medien liest man kritische Äußerungen inzwischen vergebens oder marginal. Eine Koalition von links bis ganz rechts trägt inzwischen die Fortsetzung einer undemokratischen Politik und Kultur mit, die die herrschenden Eliten von der Corona-Zeit, über ihre Kriegspolitik in der Ukraine bis heute treiben – wobei immer wieder wechselnde Bevölkerungsteile und Minderheiten mit Repression überhäuft und damit mundtot gemacht werden. Mit einer solchen Politik werden wir uns nie gemeinmachen.
Flankiert wird diese nur vorgebliche Kampagne gegen Antisemitismus mit einem schon vor Monaten begonnenen rassistischen Migrationsdiskurs. Nun verkündet der Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), die „Zeit der Samthandschuhe ist vorbei“; Muslimische Verbände sollen unter Druck gesetzt und auf Staatslinie gebracht werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Kanzler Scholz (SPD) setzen nach; Asylgesetze sollen weiter verschärft und Abschiebungen erleichtert, Ausbürgerungen bei abweichenden Meinungsäußerungen möglich gemacht werden. Applaus erntet diese rechte und volksverhetzende Kampagne der Koalition von ganz rechts bis links. Wie passend. Rechte Kräfte wie die AfD können sich angesichts dessen getrost überflüssig fühlen; die Ampel macht ihre Politik und bereitet ihre mögliche kommende Regierungsbeteiligung mit vor.
Die Maske der vorgeblichen Antidiskriminierung fällt aber spätestens dann, wenn der Fall Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und vor allem dessen Konsequenzen ins Bewusstsein rücken. Dieser hatte als jugendlicher Verfasser, vermeintliche „Vaterlandsverräter“ durch den „Schornstein in Auschwitz“ jagen wollen. Doch dieser zutiefst deutsche Antisemitismus beförderte Aiwanger nicht etwa in die politische Rente, sondern im Gegenteil in ein Umfragehoch und zurück in die bayrische Landesregierung. Gleichzeitig sind die deutschen Sicherheitsbehörden und die Bundeswehr von faschistischen Netzwerken durchsetzt und der deutsche Staat verhindert weiterhin die Aufklärung von rassistischen und antisemitischen Netzwerken und Anschlägen. Antisemitisch soll in Deutschland also vor allem der/die Migrantin sein. Gretchenfrage soll nunmehr sein, wie man zu Israel steht und ganz so als wäre ein Land, seine Regierung und seine Politik gleichbedeutend mit seiner Bevölkerung oder in Deutschland lebenden Jüd:innen.
Wir verweigern uns diesem nationalistischen Geschichtsverständnis und der ideologisch motivierten Verzerrung von Realitäten in Deutschland und Israel/Palästina. Wir stellen ihrer Propaganda internationale Klassensolidarität und eine antikoloniale Perspektive entgegen!
Das heißt für uns in Berlin:
- Solidariträt mit von rassistischer Gewalt betroffenen Muslimen und Palästinensern
- Solidarität mit den von antisemitischer Gewalt betroffenen Jüdinnen und Juden
- Verurteilung von Angriffen auf Einrichtungen wie der Synagoge in der Brunnenstraße
- Gegen die Spaltung unserer Klasse in Ethnien und Konfessionen
- Widerstand gegen die Aushöhlung unserer Grundrechte und Solidarität mit betroffenen von Repression
- Kein Frieden mit dem deutschen Imperialismus
Das heißt für unsere internationale Solidaritätsarbeit:
Als Sozialist:innen gilt unsere Solidarität den zivilen Todesopfern in diesem kolonialen und asymmetrischen israelischen Besatzungsszenario – unabhängig von Nationalität oder Konfession. Sie gilt aber vor allem unserer Klasse, die in den besetzten Gebieten täglich besonders leidet. Solange die israelische Besatzung andauert, werden die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern nicht gegeben sein. Im Sinne der israelischen und palästinensischen Arbeiter:innenklasse sind wir deshalb solidarisch mit dem politischen Kampf um ein freies Palästina und ein Ende der Besatzung.
Wir bekräftigen damit unsere Positionen, die wir angesichts eines Generalstreiks in den besetzten Gebieten im Jahr 2021 publik gemacht haben.
Aktiv werden im antifaschistischen und antirassistischen Netzwerk Wedding!
Jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat ab 18:30 Uhr im Interbüro (Genterstraße 60), das nächste Treffen findet am 26. Oktober 2023 statt. Aktueller Schwerpunkt: Öffentliche Solidaritätsarbeit und lokale Verständigung zum Krieg in Israel/Palästina daran anschließend Grundrechteabbau, rassistische Hetze und Repression
Weitere Informationen: https://t.me/Netzwerk65
Konkrete Unterstützung und Beratung für Betroffene:
ReachOut Opferberatung (ARIBA e.V.)
Rechtshilfe Fond des European Legal Support Center
KOP – Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (ARIBA e.V.)
Spenden für KOP Rechshilfefond!
Kifaya – Initiative gegen antipalästinensichen Rassismus an Schulen