Nie wieder ist jetzt! Nie wieder für alle!

Entschlossen gegen Faschismus, Krieg und Genozid! 

Am 10. November wird das Palästina-Café im Interbüro ein Jahr alt. An diesem Tag werden wir nicht nur den anhaltenden Genozid in Gaza, den Krieg im Libanon und die zunehmende Faschisierung sowie den militaristischen Staatsumbau in Deutschland anprangern, sondern auch an die Pogrome rund um den 9. November 1938 als Auftakt der systematischen Vernichtung jüdischen Lebens in Deutschland erinnern. In diesem Rahmen muss Position bezogen werden, da das Gedenken an die schrecklichen antisemitischen Pogrome, Verfolgungen und Massenmorde immer stärker vom Nachfolgestaat des faschistischen Deutschlands vereinnahmt und umgedeutet wird

Bei den Gedenkfeiern zum 9. November ruft die Deutsche Staatsräson im Chor: „Nie wieder heißt jetzt!“ Damit ist aber nicht der Schutz von hunderttausenden Palästinenser:innen vor Genozid, Vertreibung und Bombenterror, sondern die bedingungslose Unterstützung und Solidarität mit Israel als vermeintliche Lehre aus der Shoa gemeint. Diese Staatsräson setzt alles jüdische Leben mit der ultrarechten Regierung eines kolonialen Staates gleich. Sie kennt nur noch „jüdische Menschen“, keine politischen Subjekte mehr.

Die deutsche Regierung fordert die Solidarität mit einem Staat, dessen herrschender Block offen von einem „Groß-Israel“ phantasiert, der alles palästinensische Leben von der Landkarte tilgen möchte. Die Lehren der Geschichte fordern auf zum Widerspruch gegen diese menschenfeindliche Politik. Dieser dringend notwendige Widerspruch wird jedoch mithilfe der herrschenden politischen Klasse Deutschlands außerhalb der israelischen Grenzen im Keim zu ersticken versucht.

Der deutsche Staat gibt sich als „Erinnerungsweltmeister“, der aus der Geschichte gelernt hätte. Sein „Nie wieder ist jetzt!“ versucht dabei mit Lippenbekenntnissen zu „Menschenrechten“ seine Verantwortung zu verstecken: Für Waffenlieferungen und das Anheizen von (genozidalen) Kriegen, die Finanzierungen und politischen Schützenhilfen für menschenfeindlichen Verbrechen –  in Israel, Palästina, im Jemen, weltweit. 

Wenn wir „Nie wieder ist jetzt – für alle!“ sagen, dann beziehen wir uns auf die ursprüngliche Bedeutung des Schwurs aus dem KZ Buchenwald 1945, welches von den Gefangenen selbst befreit wurde. Und dieser Schwur sagt klar und deutlich: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“

Wir bekräftigen:
Nie wieder Faschismus! 

Unter dem Titel „Nie wieder ist jetzt. Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ hat die Ampelkoalition zusammen mit der CDU am 07.11.2024 eine Resolution verabschiedet, die vorgibt, antisemitische Hetze und Gewalt zu bekämpfen. In Wirklichkeit droht sie jede Kritik am Handeln der israelischen Regierung als antisemitisch zu brandmarken. Sie droht schlussendlich Stimmen, die die Hetze und Verbrechen der ultrarechten israelische Regierung benennen, mit verschärfter Repression.

Der von der politische Klasse in Deutschland instrumentalisierte Antisemitismus-Vorwurf wird nichtzuletzt als autoritäres Mittel zur Durchsetzung von Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen, Verschärfung des Strafrechts, der Beschränkung und dem Silencing von Kunst, Kultur und Wissenschaft sowie als Deckmantel für (anti-muslimische), rassistische Hetze missbraucht. Das vorgebliche Ziel der Resolution „jüdisches Leben in Deutschland zu schützen“, wird perfiderweise auch zur Attacke gegen linke Jüd:innen in Deutschland genutzt. Es werden diejenigen angegriffen, die sich gegen die staatlich verordnete Solidarität mit einem verbrecherischen Notstandsregime unter dem israelischen Premierminister Netanyahu aussprechen. 

Der Antisemitismus-Vorwurf wird gezielt als Mittel der Herrschenden von weiten Teilen ihrer Parteien, Stiftungen, Think-Tanks und vermeintlich unabhängigen NGOs aufgebaut. Dieser Vorwurf zielt somit darauf ab widerständige Stimmen gegen die israelische Politik und die zunehmende Faschisierung und Militarisierung in Deutschland zum Schweigen bringen zu können. Davon sind vor allem migrantische, linke und friedensbewegte Bewegungen und Communities betroffen. [1]

Die Losung „Nie wieder!“ zu leben heißt hingegen: Die Bekämpfung des Faschismus mit all seinen Wurzeln! Und darum Schweigen wir nicht zu den genozidalen Verbrechen Deutschlands, Israels und ihrer Verbündeten.

Nie wieder Krieg! 

Der deutsche Militarismus mordet in der ganzen Welt und liefert auch aktuell die Waffen für die Ermordung zehntausender Menschen in Palästina, dem Libanon und darüber hinaus. 

Ein antifaschistisches „Nie wieder!“ bedeutet dagegen:

  • Nein zu Hochrüstung und Waffenexporten!
  • Entlarven und bekämpfen wir die Kriegsprofiteure!
  • Erkennen wir den Kapitalismus als Ursache von Krieg, Vertreibung und Zerstörung!

Das bedeutet: Arbeiten wir täglich auf die Überwindung des Kapitalismus und seinen Spaltungen und Aufhetzungen von uns Arbeitenden hin! Treten wir für eine sozialistische Wirtschaftweise ein, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht Hass, Konkurrenz sowie Ausbeutung befördert. 

„Nie wieder!“ heißt somit: Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Dafür muss auch der deutsche Imperialismus fallen, der Kriege, Vertreibung, Morde finanziell, politisch und militärisch ermöglicht.

Nie wieder Genozid!

Wir halten fest: Die Deutsche Regierung unterstützt mit Waffen, Geld und politischer Rückendeckung den andauernden Genozid in Gaza. 

Ein antifaschistisches „Nie wieder!“ bedeutet dagegen: 

  • aus der Geschichte zu lernen und sich gegen jeden durch den deutschen Militarismus geförderten Genozid zu stellen,
  • verstehen zu müssen, wie Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus/ Antisemitismus zu Genoziden führen und Kapitalismus letztlich immer Krieg bedeutet,
  • jüdisches genau so wie palästinensisches Leben, alles menschliche Leben, zu respektieren,
  • gegen Apartheid, Siedlerkolonialismus und für ein befreites Palästina zu kämpfen, in welchem vom Mittelmeer bis zum Jordan alle Menschen frei leben können, 
  • den Kampf nicht einzustellen, bevor nicht der letzte Schuldige des Genozids vor den Richter:innen der Völker steht!  

Die Erinnerung an die Verbrechen des deutschen Faschismus darf niemals dazu führen, dass die antifaschistischen Lehren zur staatlich geforderten Rechtfertigung von Verbrechen, Lügen und Hetze dienen dürfen. Der (deutsche) Staat wird den Antifaschismus, der die Ursachen von Krieg und Tod bekämpfen muss, nicht schützen. Er wird ihn in sein System integrieren, wo er ihm nützt, den Schein einer grundlegenden, staatlichen Umsetzung der Lehren aus dem Faschismus aufrechterhält. Er wird Antifaschismus dort bekämpfen, wo er ihm schadet, da er das kapitalistische System als Quelle des Faschismus grundlegend ablehnt. Auf diesen Staat können wir uns folglich nicht verlassen. 

Darum halten wir den Schwur von Buchenwald gegen diejenigen hoch, die die antifaschistischen Lehren für ihre unterdrückerischen und ausbeuterischen Interessen vereinnahmen und damit verfälschen wollen: 

„Wir werden den Kampf erst aufgeben, wenn der letzte Schuldige vom Gericht aller Nationen verurteilt ist. Die endgültige Zerschmetterung des Nazismus ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal.”

Wir ergänzen folgerichtig: Nie wieder ist jetzt! Nie wieder für alle!

Wir laden ein zum Gedenken und zum einjährigen Bestehen des Palästina-Cafés.

So., 10.11.2024 | 15 bis 18 Uhr | Interbüro (Genter Straße 60, 13353 Berlin)

Leseempfehlung:

[1] Zur Funktion eines von rechts aufgebauten Antisemitismus-Vorwurfes zur Verhinderung sozialpolitischer Kämpfe empfehlen wir folgenden Artikel.