Kurz vor dem Start des Mietendeckels bekamen tausende Mieter*innen in Berlin eine kurzfristige Mieterhöhung. Einen Anstoß dazu gab das Empfehlungsschreiben von „Haus und Grund“ an alle Mitglieder noch so schnell wie möglich die Miete zu erhöhen, bevor es in nächster Zeit nicht mehr möglich ist.
Von der EU Eben [1], über die Bundes- bis zur Landesebene [2] versucht „Haus und Grund“ gegen Regulierungen des Immobilienmarktes vorzugehen. Mietpreisbremse, Mietendeckel oder das Zweckentfremdungsverbot sind besonders beliebte Angriffsziele.
Es ist kaum verwunderlich, dass „Haus und Grund“ gegen die Offenlegung der Eigentumsstrukturen in Berlin hetzt [3]. Gegen das Projekt „Wem Gehört Berlin?“ vom Berliner Tagesspiegel und Correctiv hat H&G Anzeige erstattet und die Eigentümer*innen dazu aufgerufen „Auskunftsanspruch“ gelten zu machen. Dieser Kampf gegen die angebliche „Datenkrake“ soll unter anderem dem Mythos vom „guten Kleineigentümer“ schützen und die Monopolisierung von Wohneigentum verstecken.
Gegen den eh schon zahnlosen Tiger „Mietpreisbremse“ lief „Haus und Grund“ bundesweit Sturm. Wahlweise wird behauptet die Mietpreisbremse sei verfassungswidrig, gegen Klimaschutz, hemme den Neubau oder sei sozial ungerecht. Die Tatsache, dass insbesondere private Vermieter und private Wohnungsunternehmen die Mietpreisbremse missachten [5], leugnet der Verband einfach [6].
„Haus und Grund“ rühmt sich das „Mietrechtsänderungsgesetz“ erheblich mitgeprägt zu haben, welches u.a. Zwangsräumungen erheblich vereinfacht und ermöglicht Mieter*innen ohne Gerichtsurteile aus ihren Wohnungen räumen lassen. In der „Haus-und-Grund“-Zeitschrift heißt es vom stellvertretende Generalsekretär Warnecke: „Wenn es so beschlossen wird, ist es unser Gesetzt“ [7]
„Haus und Grund“ bietet ihren Mitglieder Seminare rund um das Thema Vermietung an. Besondern beliebt und schnell ausgebucht sind Seminare mit Titeln wie „Begründung, Beendigung und Abwicklung von Mietverhältnissen“, „Mietminderung & Mieterhöhung“ oder „Eigenbedarfskündigung“ [8]. In Klartext also Workshops zur Verdrängung von Mieter*innen, Zwangsräumungen und steigende Mieten.
Haus und Grund propagiert ein „Zielkonflikte“ zwischen Klimaschutz und bezahlbaren Wohnen [9]. Angeblich würden Mietendeckel und Mietpreisbremse Modernisierungen verhindern und somit Klimaschutz durch CO2-Einsparungen torpedieren. Der einzige Zielkonflikt der in der Realität existiert ist folgender: Auf der einen Seite weiter sprudelnden Profiten für Eigentümer*innen und auf der anderen Seite unser Recht auf Wohnen und ökologischen und sozialen Modernisierungen. Ganz zu Schweigen, dass viele Modernisierungen eine sehr zweifelhafte Energiebilanz aufweisen und vornehmlich zur Mietsteigerung vorangetrieben werden.
„Berlin ist die Stadt mit der niedrigsten Eigentumsquote Deutschlands. […] Die sozialen Auswirkungen sind erheblich. Verdrängung ist nur auf dem Mietmarkt möglich, einen Wohnungseigentümer kann man nicht verdrängen. [..] Die Gesellschaft sollte hier gegensteuern, aus sozialen Gründen und zum Vorteil aller. Mietern, die in Eigentum wechseln wollen, helfen wir“ [10]. Dieser Logik von Haus und Grund zur Folge, sollen jene Menschen, die auf dem Mietmarkt verdrängt werden eben Wohneigentum kaufen. Frei nach dem Motto, wenn das Geld nicht für die Miete reicht, kauf halt die Wohnung. Letztlich verkennt diese Argumentation den Klassengegensatz von Eigentümer*innen und Eigentumslosen und legitimiert so die Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen.
Um nur ein paar Verbindungen zu nennen: Der ehemalige Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist bekennendes Mitglied des Hausbesitzervereins „Haus und Grund“. Von ihm stammt der Satz: „Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Berlin in vielen Bereichen teurer wird“ [11]. Lars Eichert Brandenburg-Chef von Haus und Grund sitz für CDU im Stadtparlament von Potsdam und Carsten Brückner, Vorsitzender des Berliner Ablegers, lässt sich gern mal auf CDU Propaganda Veranstaltung blicken [12]. In Dresden treten Mitglieder von Haus und Grund auch schon Mal bei AFD Veranstaltungen auf, um gegen Kommunalen Wohnungsbestand zu hetzen [13].
Auf dem Mythos des kleinen, auf die emotionale Bindung zum Haus und den Mieter*innen wertlegenden und nicht auf Profit setzenden Eigentümer, aufbauend, legitimieren Haus und Grund kontinuierliche Mietsteigerungen. „Wir brauchen steigende Mieten“ so das Mantra der so armen Immobilienbesitzer*innen [14]. Durch Regulierungen wie dem Mietendeckel würden Eigentümer*innen in den Ruin getrieben oder ihre Altersversorgung verlieren [15]. Tatsächlich werden aber durch ständige Mietsteigerungen die Profite der Eigentümer*innen gesteigert und Mieter*innen in Schulden oder Altersarmut getrieben.
„Haus und Grund“ hat Vermieter*innen in Berlin aufgefordert, bis zum 17. Juni 2019, vor dem Eintreten des Mietendeckels, sämtliche „Mieterhöhungspotenziale“ zu nutzen. Eigens dazu wurde ein Countdown auf der Website eingerichtet. Mit Genugtuung stellt die Organisation fest, dass die Mitglieder „nicht zuletzt aufgrund des großen Medien-Echos, darauf aufmerksam gemacht wurden, ihre Miete an den Mietspiegel anzupassen“ [16]. Viele Mieter*innen bekamen tatsächlich in dieser Zeit teils drastische Mieterhöhungen und die Beratungsstellen waren überlaufen.
Aus all diesen Gründen solidarisieren wir uns mit all den Mieter*innen, die von den Aktivitäten von Haus und Grund betroffen sind. Wir organisieren uns gegen ihren Klassenkampf von oben und schaffen unsere eigenen, schlagkräftigen Mieter*innenorganisationen. Wir kämpfen dafür, dass Eigentümer*innen enteignet werden – egal ob Deutsche Wohnen oder kleinere Profiteure des Mietenwahnsinns. Wir wehren uns gegen die ständigen Angriffe von Haus und Grund auf unser Recht auf Wohnen und setzen gegen die Profite von wenigen eine solidarische Gesellschaft.
Wenn ihr auch genügend habt von Haus und Grund, kommt mit uns am 25. September zur Kundgebung gegen Mitgliederversammlung von Haus und Grund Neukölln. Start ist um 18 Uhr vor dem Mercure Hotel in Berlin-Neukölln (Hermannstraße 214/216, 12049 Berlin). Gepflegtes Schampus-Schlürfen gegen Immobilienkartelle und für eine solidarische Gesellschaft.
Mi 25.09.19 | 18 Uhr | Mercure Hotel Berlin | Hermannstraße 214-216 | U8 Boddinstraße
[1] https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2019/me-single/article/der-lange-arm-der-lobbyisten.html
[2] https://hgv-kreuzberg.de/politische-interessenvertretung/
[3] https://haus-und-grund-berlin.de/politik/tagesspiegel-wem-gehoert-berlin/
[4] https://haus-und-grund-berlin.de/politik/mietpreisbremse-verfassungswidrig/
[5] https://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/mieterbund-mietpreisbremse-vermieter-ignorieren-reform
[6] https://haus-und-grund-berlin.de/weitere-verschaerfung-der-mietpreisbremse-reine-augenwischerei/
[7] https://gentrificationblog.wordpress.com/2013/05/05/berlin-die-macht-der-eigentumer-lobby/
[8] https://www.haus-und-grund-muenchen.de/veranstaltungen/seminare?pageNumber=1
[9] https://haus-und-grund-berlin.de/mietendeckel-gefaehrdet-berlins-klimaziele/
[10] https://hgv-kreuzberg.de/politische-interessenvertretung/
[11] https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/me-single/article/wohnungsnot-selbst-gemacht.html
[12] https://www.tagesspiegel.de/berlin/cdu-fraktion-trifft-vertreter-der-bau-und-mietbranche-fuer-neubau-fehlt-das-vertrauen/24956202.html
[13] https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/349718.soziales-gewissen-in-aktion-alternative-f%C3%BCr-haus-grund.html
[14] https://haus-und-grund-berlin.de/wir-brauchen-steigende-mieten/
[16] https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2019/me-single/article/editorial-19.html