Die Einrichtung einer sogenannten „Sicherheitszone“ durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der damit einhergehende Angriffskrieg auf die Demokratische Föderation Nordsyrien (bezieht das Gebiet Rojava mit ein), ist ein Völkerrechtsbruch. Dieser bedeutet Tod und Vertreibung zehntausender Menschen und Folter und Vergewaltigungen für die lokale Bevölkerung. Der Krieg wird in den Nachbarregionen bis nach Europa verheerende Folgen nach sich ziehen und zielt auf die systematische Ansiedlung syrischer Familien nach traditionellen, zutiefst patriarchalen Familien- und Geschlechterprinzipien ab.
Doch in Nordsyrien leben bereits Menschen in Selbstverwaltung eine andere Gesellschaftsform. Unabhängig von Herkunft oder Religion diskutieren und entscheiden sie basisdemokratisch, wie sie leben möchten. Sie kämpften gemeinsam gegen den sogenannten Islamischen Staat und wehren sich gegen Kolonialismus, Unterdrückung und Diktatur. Die Menschen Rojavas organisieren sich nach den Prinzipien der Geschlechterbefreiung, Basisdemokratie und Ökologie und setzen sich für ein Leben in Würde ein.
Eine maßgebliche Rolle für die Revolution in Rojava spielt die kurdische Frauenbewegung. Frauen* in Nordsyrien haben die Möglichkeit sich gegenseitig zu stärken, autonom zu leben – wie beispielsweise im Frauendorf Jinwar – und jenseits einer patriarchalen Logik ein politisches Leben zu gestalten. Ämter in Politik und Verwaltung werden aus einer Doppelspitze von Frau* und Mann* besetzt. Die Frauen* Rojavas definieren sich nicht in Abgrenzung zum anderen Geschlecht, sondern so wie sie selbst sein wollen und bringen maßgeblich die Demokratisierung in Nordsyrien voran.
Während die USA am Montag der Türkei grünes Licht für einen Einmarsch im Norden Syriens gegeben haben, macht die deutsche Regierung den völkerrechtswidrigen Krieg durch Waffen- und Rüstungsexporte erst möglich. Die Bundesrepublik hält am Flüchtlingsdeal mit der Türkei fest, um weitere Migration in die Festung Europa zu unterbinden und finanziert einen faschistischen, frauenfeindlichen Krieg mit, der zur Vertreibung unzähliger Menschen führen wird. Unterstützer*innen der kurdischen Bewegung kriminalisiert und unterdrückt, obgleich es auf der Hand liegt, dass die Kämpfer*innen der YPG und YPJ die einzigen Kräfte sind, die feministische und demokratische Werte konsequent gegen den IS verteidigen. Und es muss klar sein was IS bedeutet: IS heißt Sexsklaverei, Steinwurf bei Ehebruch und gänzliche Auslöschung aller nicht-heterosexuellen Identitäten.
Ein Angriff auf Nordsyrien bedeutet einen Angriff auf die Frauenbewegung und damit einen Angriff auf die Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung aller Menschen. Frauenbefreiung bedeutet für uns, feministische Kämpfe unabhängig der unterschiedlichen Verhältnisse in Deutschland und Rojava zusammen zu denken und aus den Erfahrungen der kurdischen Frauenbewegung für feministische Kämpfe in Europa zu lernen. Denn es sind unsere Werte, die gerade an der türkisch-syrischen Grenze verteidigt werden. Und damit ist es unsere Pflicht, uns gegen das Unrecht zu erheben, welches in diesen Stunden durch den Einmarsch des türkischen Militärs mit deutschen Waffen ermöglicht wird. Das Frauen*Streik-Komitee Wedding solidarisiert sich mit der kurdischen Frauen*Bewegung und dem Freiheitskampf um gleiche Rechte und gleiche Möglichkeiten für alle Geschlechter. Wir fordern alle feministischen Zusammenhänge in Deutschland dazu auf, gegen die deutsche Rüstungsindustrie und Deutschlands ungeheuerliche Flüchtlingspolitik zu protestieren. Wir rufen alle feministischen Stimmen weltweit auf, sich zu erheben und sich gegen den Angriffskrieg der Türkei zu stellen.
Das Frauen*Streik-Komitee Wedding ruft außerdem zur Teilnahme an der antikolonialen Demonstration und zur Unterstützung des kurdischen Blocks auf:
Samstag 12.10.2019, 15 Uhr, Hermannplatz (Berlin Neukölln)
Treffpunkt für die gemeinsame Anfahrt vom Wedding:
14 Uhr, Kiezhaus Agnes Reinhold, Afrikanische Str. 74
Updates bei ANF oder Rojava Informations Center