Demonstration verhindert? Protest auf die Straße tragen!

Am 30. April gehen wir jedes Jahr zu Tausenden auf die Weddinger Straßen. In der gemeinsamen großen antikapitalistischen Demonstration zeigen wir unsere vielfältigen sozialen Kämpfe: gegen Rassismus und die Stadt der Reichen! Gründe dazu gibt es genug in dieser Stadt, zwischen Mietenwahnsinn und rassistischem Alltag. Da wir in diesem Jahr nicht wie gewohnt unsere berechtigte Wut auf dieses System auf die Straße tragen können, rufen wir dazu auf, stattdessen individuell aktiv zu werden! (Materialien zum Download)

In diesem Jahr ist die Demonstration „Gegen die Stadt der Reichen – Soziale Kämpfe verbinden!“ de facto verboten worden! Unter der Gewalt der sogenannten SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung, sind politische Versammlungen praktisch unmöglich. Nur Kleinstkundgebungen können in Ausnahmefällen erlaubt(!) werden, breite politische Öffentlichkeit wird damit verhindert. Selbst andere, dem Infektionsschutz gerechte, Formen von politischem Protest werden mit Polizeigewalt und Einschüchterungen überzogen. Ein gutes Beispiel liefern die bundesweiten, mit Repression begegneten Aktionen zur Unterstützung der Seenotrettung im Mittelmeer (Seebrücke).

Wir negieren nicht die Infektionsgefahr in dieser kapitalistischen Gesundheitskrise und haben der Versammlungsbehörde aus Selbstschutzgründen ein „Demonstrationskonzept“ vorgelegt, welches die Berliner Bestimmungen sogar noch übertrifft. Dieses Konzept hat die Versammlungsbehörde nicht akzeptiert, wodurch wir gezwungen sind, die geplante Demonstration hiermit offiziell abzusagen.

Dabei ist genau jetzt mehr Zeit denn je Wut auf ein kollabierendes, auf Profite und Rendite getriebenes, System auf die Straßen zu tragen. Auf den bürgerlichen Staat ist dabei selbstverständlich kein Verlass. Während die Bundesregierung milliardenschwere Hilfspakete schnürt und im aktuellen Ausnahmezustand die Beschneidung von Grundrechten aufrechterhält, laufen Streiks und Versammlungsfreiheit Gefahr, zunehmend kassiert zu werden. Nach dieser Gesundheitskrise kommt die Wirtschaftskrise. Die Folgen sind nur schwer abzuschätzen, werden aber im Kapitalismus stets nach unten, an die Lohnabhängigen, gereicht. Kurzarbeit, Entlassungen, Beschneidung von Arbeitsrechten, Behinderung basisgewerkschaftlicher Arbeit, rassistische Hetze und fortgesetztes Ausbauen der Festung Europa sind nur einige der wahrscheinlichen Konsequenzen.

Die Konzerne und die Profite der wenigen Reichen bleiben dagegen gut abgesichert. Der Neoliberalismus wird gestärkt aus der Krise hervorgehen. Denn an eine Rekommunalisierung des Gesundheitswesens, der verschleuderten Wohnungsunternehmen, etc. ist für die Herrschenden nicht zu denken. Und darauf folgt der soziale Abstieg der Vielen. Damit der soziale Niedergang von großen Teilen der Gesellschaft nicht von Faschisten und Rassisten verklärt wird, ist es umso dringender, soziale Fragen und Kämpfe von links zu besetzen. Diese Demonstration ist ein kleiner Beitrag dazu.

Von der Berliner Landespolitik ist – wer hätte es auch anders gedacht – nichts zu erwarten. Die Berliner Linkspartei könnte sich eingestehen, dass sie mit ihrer Armutspolitik der vergangenen Jahre Verantwortung für die massiven Problemen der Stadt zu tragen hat: Wohnungs- und Obdachlosigkeit, Verdrängung und hohe Mieten, prekäre Arbeitsmodelle, rassistische Abschiebepolitik, etc. sind nur einige Beispiele. Die Führungsriege dieser Partei, die vorgeblich so nah an den sozialen Bewegungen dieser Stadt sein möchte, hat sich bereits vor geraumer Zeit zu Sach- und Armutsverwalter*innen gemausert. Ihr gelingt es nicht, drängendste soziale Fragen aufzunehmen und für eine Gesellschaft jenseits des Kapitalismus zu stehen. Stattdessen kuscht sie vor der SPD und den Grünen, die ihren sozialpolitischen Anspruch bereits längst verraten haben. Das aktuelle Opfern des Versammlungsrechts ist hierfür ein Beispiel. Umso mehr liegt es an uns gemeinsam, soziale Kämpfe zu führen!

Jetzt ist es umso drängender, die Vorstellungen einer sozialistischen Gesellschaft sichtbar zu machen. Wir rufen daher auf, auch am Nachmittag des 30. April unseren Protest und Widerstand sichtbar zu machen. Möglich wäre entlang der ursprünglich für die Demonstration vorgesehenen Strecke mit Plakaten, Spruchbändern oder auf andere kreative Art auf die in dieser Krise wichtigen Forderungen aufmerksam zu machen.

Wir verweisen dazu auf den Forderungskatalog von „Wedding solidarisch“, der die wichtigen Lehren aus den kapitalistischen Krisen aus einer klassenbewussten Perspektive formuliert:


1.     Keine Profite mit der Gesundheit!

  • Gesundheitssystem vergesellschaften

2.     Verbot von Outsourcing und Leiharbeit!

  • Stärkung von Arbeiter*innenrechten und Betriebsräten

3.     Große Wohnungsunternehmen enteignen!

4.     Ausnahmezustand darf nicht zum Normalzustand werden!

  • Grundrechte verteidigen

5.     Bleiberecht für alle illegalisierten Migrant*innen!

6.     Umverteilung von oben nach unten.

Wir freuen uns auf vielfältigen kämpferischen Protest in den Kiezen und auf der ursprünglich vorgesehenen Strecke: 

Müllerstraße – Amsterdamer Straße – Liebenwalder Straße – Reinickendorfer Straße – Gottschedstraße – Martin-Opitz-Straße – Buttmanstraße – Badstraße – Koloniestraße

Wir werden am Nachmittag des 30.04. unser Statement im Rahmen einer kurzen Kundgebung öffentlich verlesen.

Die Lösung der Krise? #NichtAufUnseremRücken