Ein Aufruf und Erklärung unserer Stadtteilorganisierung zur Beteiligung an den Friedensprotesten in Berlin rund um das Wochenende 24-26. Februar 2023.
„(…) Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote, wie Leute, die schon hinter sich haben, was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen. / Und doch wird nichts mich davon überzeugen, dass es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. (…)“
Rede für den Frieden, Bertolt Brecht, 1952
Im Laufe des letzten Jahres ist die Zahl der Kriegsopfer dramatisch angestiegen, die Zivilbevölkerung leidet unter den Folgen des Krieges. Sowohl Russland als auch die ukrainische Führung verheizen ihre Soldat:innen und Söldner:innen in einem Stellungskrieg, indem tausende Menschen für ein paar Meter Frontlinie ihr Leben verlieren. Die Spitzen des NATO-Kriegsbündnisses reagieren auf diese Verschlechterung der Lage mit einer massiven Ausweitung der Waffenlieferungen an die Regierung in Kiew. Aus schweren modernen Kampfpanzern können in wenigen Wochen Kampfflugzeuge und mehr werden. Während die auf offener Straße zwangsrekrutierten Soldaten der ukrainischen Armee harte Strafen erwarten müssen, wenn sie die Befehle ihrer Vorgesetzten missachten oder ihre Positionen oder Einheiten verlassen, kämpfen auf russischer Seite zudem Söldner, die sich aus ehemaligen Strafgefangenen rekrutieren. Häftlinge, die verzweifelt versuchen den elendigen Verhältnissen in den russischen Gefängnissen zu entfliehen.
Die Friedensbewegung muss letztlich ihre Stimme erheben und sich für eine friedliche Lösung des Krieges einsetzen. Rund um die Uhr werden wir von den Regierungs- und Medienvertreter:innen damit beschallt, dass es sich bei diesem Krieg um einen legitimen Krieg handeln würde. Die meisten Menschen sind sich der Tatsache bewusst, dass aus der in Deutschland medial beschworenen „Verteidigung der Demokratie und Menschenrechte“ ein gefährlicher Abnutzungskrieg geworden ist. Während eine Minderheit die russische Annexion der Krim und die Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine als legitime Verteidigung der russischen Interessen betrachtet, umhüllt sich ein großer Teil in gelb-blaue Nationalfarben und verkauft uns die Kriegspolitik der imperialistischen Bundesregierung als legitime Selbstverteidigung. Doch darum geht es schon lange nicht mehr.
Inzwischen werden offen die vollständige Rückeroberung der Krim und der gesamten Ostukraine als Kriegsziele definiert. Eine weitere Eskalation und damit die Gefahr eines Atomkriegs rücken immer näher.
Um als linke Friedensbewegung nicht völlig zu versagen braucht es eine deutliche Botschaft. Die momentan Wichtigste ist aus unserer Sicht, dass es keine militärische Lösung in diesem Krieg gibt. Wir unterstützen daher das anstehende Aktionswochenende „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“ und die Kundgebung „Aufstand für Frieden“ am Samstag den 25. Februar 2023 am Brandenburger Tor.
Wir treten für eine klare, unmissverständliche Abrüstung und Ablehnung von Waffenlieferungen und Wirtschaftskriegen ein. Wer Waffen liefert und einen Wirtschaftskrieg führt kann keine konstruktive Rolle in diesem Konflikt einnehmen, es muss eine politische Lösung unter Beteiligung aller betroffenen Parteien erzwungen werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Maßnahmen nicht nur ineffektiv, sondern auch unethisch und schädlich für alle Beteiligten sind. Vor allem für die Lohnabhängigen, also der Mehrheit der Bevölkerung.
Diese ausgebeutete Klasse hat eine zentrale Bedeutung für die Erringung eines nachhaltigen Friedens. Denn eine weitere Aufrechterhaltung des Kapitalismus und damit des Imperialismus bedingen letztlich immer mehr Krieg und noch mehr Armut – das muss allen klar werden. Nur die Beseitigung dieses globalen Systems kann eine Grundlage für echten Frieden schaffen. Hierzu brauchte es neben dem Aufbau einer durchsetzungsfähigen sozialen Bewegung in der Bundesrepublik, gleichzeitig die internationale Solidarität und gemeinsame Aktion der Ausgebeuteten und Unterdrückten untereinander. Nationale Scheinlösungen für mehr Wohlstand und Gleichheit, wie sie die Initiatorinnen der Kundgebung am kommenden Samstag teilweise nahelegen, lehnen wir ab. Sie sind gefährlich und führen zwangsläufig in eine Sackgasse. Gleichzeitig sehen wir klare Widersprüche zu anderen Positionen, die die Initiatorinnen vertreten – etwa ihr Rassismusbegriff oder ein Feminismusverständnis das Trans-Personen ausschließt. Jedoch steht für uns hier die gesamtgesellschaftliche Bedeutung dieser Friedenskundgebung im Vordergrund.
Im Engagement für Frieden und Abrüstung wünschen wir uns eine weitreichende Durchsetzung eines antifaschistischen Konsenses und die tatkräftige Hilfe aktiver und organisierter Antifaschist:innen. Ein fernbleiben wollen – aus unserer Meinung nach falschen Gründen – bedeutet letztlich politische Räume preiszugeben statt um politische Positionen wahrnehmbar auf der Straße zu kämpfen.
Das sich u.a. im Vorfeld der Friedenskundgebung am 25. Februar formierte Spektrum an Unterstützer:innen umfasst gesellschaftliche Akteure wie Romani Rose vom Zentralrat der Sinti und Roma, kirchliche Stimmen aber auch kritische Wissenschaftler:innen aus der Armuts- und Rechtsextremismusforschung. Ihnen sollten wir öffentlich in der konsequenten Beantwortung der Friedensfrage den Rücken decken.
Sich nur auf den Abwehrkampf gegen Rechte zu konzentrieren genügt nicht. Es muss auch darum gehen die konsequente Friedensposition in die eigenen Hände zu nehmen! Wer sich nur auf (immer skurriler werdende aber in ihrer Gesamtheit nicht unbedeutende) rechte und rechtsoffene Minderheiten konzentriert, anstatt auf die Kriegstreiber- und Armutsverwalter:innen in der Regierung, macht sich derzeit in erster Linie zum Gehilfen des herrschenden Politikbetriebs.
Dieser Krieg ist wie jeder Krieg ein Angriff der herrschenden Klasse und hat, nicht nur in diesem Land, soziale Auswirkungen. Wir sind nicht bereit die sozialen und ökonomischen Kosten für die imperialistischen Kriege der Reichen um Einfluss, Macht und Profit zu bezahlen. Daher schließen wir uns in unserem Viertel zusammen – macht mit!
Aktionen und Kundgebungen:
Aktionswochenende „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“
24. bis 26 Februar 2023
Donnerstag | 23.02.23 | 18-20 Uhr | Brandenburger Tor
Kundgebung „Aufstand für Frieden“
Samstag | 25. 02. 2023 | 14 Uhr | Brandenburger Tor