Im Weddinger Pflege- und Wohnheim Schillerpark sind derzeit über 100 unserer Nachbar*innen von Kündigungen ihrer Wohnungen bedroht. Eigentümer*innen und Betreiber*innen des bisherigen Wohnheims sind der Paul Gerhardt Stift (PGS) und die Johannesstift Diakonie. Geplant ist eine teilweise Umnutzung der Gebäude zur Unterbringung von Menschen, die aus dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Dass die Einrichtung nicht weiter betrieben werden kann, liegt in den gescheiterten Verhandlungen über die monatlichen Kosten, die an den Pächter (PGS) abgedrückt werden müssen:
„Anfang 2021 forderte der Verpächter, das Paul-Gerhardt-Stift, dann deutlich mehr, heißt es von der Johannesstift-Diakonie. (…) Die Erhöhung sei rechtlich zulässig gewesen, der mögliche Spielraum aber „voll genutzt“ worden.“
rbb24
Hier liegt dann auch der eigentliche Skandal, nämlich dass über die Aufrechterhaltung einer existenziellen Versorgung privat gehandelt werden darf bzw. muss. Zu allem Überfluss wird dann entweder medial, nicht selten von Seite der Geschäftsführung und auch aus der Politik, das Aus solcher Einrichtungen den leicht gestiegenen Löhnen der ausgebeuteten Pflegekräften zugeschrieben – ein Hohn und ein weiterer Schlag ins Gesicht derjenigen, die in der Pandemie noch so eifrig beklatscht wurden. Statt die Vielzahl, der meist schlecht ausgestatteten Träger sozialer Dienstleistungen und Einrichtungen in einen Wettbewerb um Förderungen zu drängen, wäre eine langfristige und sichere Finanzierung notwendig. Stattdessen: Sparregime und Rotstiftpolitik.
Das Beispiel zeigt auf, dass wir uns in einer Gesellschaft befinden, in der eine ständige Konkurrenz um das Lebensnotwendige eine Voraussetzung ist. Am Arbeitsplatz, auf dem Wohnungsmarkt, in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge und damit auch in der Versorgung im Alter: Im Kapitalismus steht nicht im Vordergrund, was wir brauchen, um allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, sondern immer nur die Frage, wie das beste Geschäft zu den günstigsten Konditionen unter Dach und Fach gebracht werden kann.
Die AfD tritt nach unten
Arme und Menschen am Rande der Gesellschaft werden gegeneinander ausgespielt, damit sie sich nicht gemeinsam für ihre Interessen einsetzen. Da springt die AfD natürlich gleich bei und nutzt die Situation wie am vergangenen Samstag bei einem Foto-Termin vor dem PGS, um rassistische Stimmung gegen Geflüchtete zu schüren. Sie ist keine Kämpferin für die „Abgehängten“, sondern befeuert die Konkurrenz, indem sie die Schuld Geflüchteten gibt, statt den Gewinnern dieses Systems.
Organisiert gegen Rassismus und Wohnungsnot
Die Spaltung der Menschen anhand rassistischer Kriterien lenkt davon ab, was unsere Probleme wirklich lösen würde:
- Eine sozialistische Wohnungspolitik, in der genug Wohnraum für alle entsteht und eine gute Wohnung nicht vom Geldbeutel abhängt.
- Eine soziale Infrastruktur, in der es nicht um Profite geht, sondern darum, eine angemessene Pflege und Unterstützung für alle Menschen, die sie brauchen, sicher zu stellen – daher ist u.a. nicht nur am Wohnungsmarkt eine Enteignung und Vergesellschaftung großer Konzerne dringend notwendig.
- Letztlich das Ende der imperialistischen Konkurrenz der Staaten, die sonst immer wieder zu Krieg und Vertreibung führt.
Wir fallen nicht auf die nationalen Scheinlösungen der AfD oder skurriler „Anwohneraufrufe“ herein und organisieren uns hier im Wedding antifaschistisch und solidarisch, auch um die Zumutungen in diesem System nicht unwidersprochen über uns ergehen zu lassen.
(Foto / LINKE – BO Wedding)