Auch dieses Jahr möchten wir an die Geschehnisse des 1. Mai 1929 erinnern. Damals setzte der SPDler und damalige Polizeipräsident Karl Zörgiebel ein Demonstrationsverbot in Berlin durch. Die KPD ließ sich allerdings nicht davon abhalten, am internationalen Kampftag der Arbeiterklasse zu friedlichen Massenprotesten aufzurufen und so gingen zehntausende Berliner*innen gegen Ausbeutung und für bessere Lebensbedingungen auf die Straße.
Insgesamt 13.000 Polizisten, aus ganz Deutschland zusammengezogen, versuchten im Laufe des Tages mit roher Gewalt, die Arbeiter*innen davon abzuhalten, sich zu versammeln. Der Wedding als traditioneller Arbeiterbezirk mit vielen Kommunist*innen und linken Sozialdemokraten wurde zu einem Schauplatz brutaler Polizeigewalt. Panzerwagen mit Maschinengewehren kamen zum Einsatz, und Polizisten schossen rücksichtslos in geöffnete Fenster, wenn darin eine rote Fahne oder ein Plakat zum 1. Mai hing. Die Nachbarschaft in der Kößliner Straße versuchte, sich mithilfe einer Barrikade vor den anrückenden Panzerfahrzeugen zu schützen, doch die Polizisten veranstalten ein Blutbad: 12.000 Schuss scharfe Munition töteten mindestens 33 unbewaffnete Arbeiter*innen und verletzten hunderte weitere.
Die KPD rief als Antwort darauf am 2. Mai zum Massenstreik auf, dem sich 25.000 Arbeiter*innen anschlossen, doch erst am 6. Mai hob Zörgiebel nach massenhaften Hausdurchsuchungen, über tausend Verhaftungen und weiteren Morden den von ihm verhängten Ausnahmezustand wieder auf.
Wir halten es für wichtig, uns daran zu erinnern, dass der bürgerliche Staat sein Gewaltmonopol immer schon einsetzte, um linken Widerstand im Zweifel aufs brutalste zu brechen, wenn er sich von ihm ernsthaft bedroht sieht. Aber wir gedenken auch den Arbeiter*innen, die sich nicht einschüchtern ließen und sich das Recht nahmen, ihren Protest auf die Straße zu tragen. 94 Jahre später bedeutet die Herrschaft des Kapitals immer noch Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg. Und wir organisieren uns heute wie damals gegen hohe Mieten, niedrige Löhne und eine Sozialdemokratie, die sich seit über 100 Jahren von der Arbeiterbewegung abgewandt hat, um dieses zerstörerische System mit zu verwalten, statt es zu bekämpfen.
Kommt um 15 Uhr zur Gedenkveranstaltung am Blutmaistein (Wiesenstraße Ecke Uferstraße). Danach gibt es noch die Möglichkeit ab 17 Uhr im Kiezhaus Agnes Reinhold (Afrikanische Str. 74) den 1. Mai gemeinsam ausklingen zu lassen. Solidarische Nachbar*innen tischen kleine Speisen auf, es gibt Getränke und Musik.
»Trotz Zörgiebels Polizei, wir gedenken des Ersten Mai! Der herrschenden Klasse blutiges Gesicht, der rote Wedding vergisst es nicht und die Schande der SPD!«
„Roter Wedding“ – Erich Weinert, 1929