„Kaufen statt mieten“, „Zinstief nutzen und Vermögen bilden“: die Berliner Immobilien Messe, welche vom 25.04. bis 26.04.2015 im Flughafen Tempelhof stattfindet, wirbt für den renditeträchtigen Wohnungsmarkt in Berlin. Dass Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, das Grußwort spricht, verbildlicht die enge Bindung zwischen Politik und Wirtschaft. Zugleich zeigt es, dass der Bau von Sozialwohnungen nie eine „empathische Herzensangelegenheit“ der herrschenden Politik war und ist, sondern vielmehr die staatliche Subventionierung wirtschaftlicher Interessen auf dem Wohnungsmarkt darstellt. Für kurze Zeit soll gegenüber den von Armut und Wohnungslosigkeit bedrohten Bevölkerungsteilen nur scheinbar vermittelt werden: Wir kümmern uns um euch!
Geradezu zynisch, wenn mensch die prekäre soziale Situation in begehrten Ballungsräumen von Hamburg über Berlin bis München betrachtet. Der Wohnungsmarkt gilt nach wie vor für das Kapital als attraktive Wertanlage, auf den Rücken der Mieter*innen werden Wohnungspakete verkauft, im neoliberalen Sinne staatliche bzw. kommunale Wohnungsbaugesellschaften privatisiert, Häuser „energetisch saniert“ und die Mieten systematisch gesteigert.
Mit den halbgaren politischen Zusagen von oben, neue Wohnungen bauen zu wollen, soll der Druck auf die politisch Verantwortlichen im Senat genommen werden. Wie dieser „neue soziale Wohnungsbau“ in einer Stadt aussehen soll, in der mindestens 700.000 Menschen in staatlich organisierter Armut, sprich Hartz IV, leben müssen aussehen soll, bleibt wohl ein Rätsel. Schon jetzt gibt es zu wenige Wohnungen im Innenstadtbereich, die von den explodierenden Mieten ausgenommen sind. Nach einem Schreiben der Erwerbsloseninitiative BASTA!, wurden im Jahr 2014 ca. 70.000 Menschen vom Jobcenter angedroht, ihre Mieten nicht weiter übernommen zu bekommen. Die Folgen: Zwangsumzug? Zwangsräumung? Wohnungslosigkeit?
Die Studie betreffend Zwangsräumungen in Berlin der HU-Berlin vom 23.04.2015 .
Auf der übergeordneten politischen Ebene wird der Zynismus mit Großbauprojekten wie dem Großflughafen Berlin-Brandenburg und der teuren sowie letztlich gescheiterten Olympia-Bewerbung noch auf die Spitze getrieben. Dieser politische Amoklauf spiegelt sich selbstverständlich in den lokalen Mietspiegeln wieder. Teure Image-Kampagnen sowie das Buhlen um einen stärkeren Tourismussektor lassen Mietwohnungen zu Ferien- und Eigentumswohnungen werden, der Innenstadtbereich erlebt einen Bauboom im sogenannten Luxussegment bzw. von räumlich und sozial abgeschlossenen „gated communities“.
„Mietpreisbremsen“ und „Milieuschutz“ sind Schlagwörter, um die gewaltvolle Wirkmächtigkeit der herrschenden Politik effektiver verschleiern zu können. Die Landesweite Planungsgesellschaft (LPG) hat hierzu Berlinweit 41 Quartiere untersucht, in Wedding und Moabit seien neben dem Leopoldplatz auch die Moabiter Gebiete um die Turm-, Strom-, und Perleberger Straße akut betroffen. Durch das systematische Hochschrauben der Mieten auf teilweise weit über 10 Euro in ehemals abgeschriebenen Stadtteilen wie Nord-Neukölln, Moabit und Wedding wird deutlich, wie bedrohlich die Situation bereits seit langem ist.
Die Organisierung von unten kann dagegen Perspektiven aufzeigen, wie ein echter Verdrängungsschutz aussehen kann. Ob Zwangsräumung verhindern, Mietstreik, u.v.m. – der kollektive Widerstand ist der einzige Weg, sich aus der Spirale aus Versprechungen und Enttäuschungen durch die politisch Verantwortlichen zu befreien.