Selbstorganisierung von unten statt Verdrängung von oben, für ein selbstorganisiertes Kiezhaus im Wedding!
Dies war das Thema des zweiten Freiluftkinos 2017 auf dem Leopoldplatz. Am Sonntagabend (10.09.2017) wurde der Film “Das Gegenteil von Grau” von Matthias Coers und der Initiative „Recht auf Stadt Ruhr“ gezeigt. Eingeleitet wurde dieser Dokumentarfilm durch eine Kundgebung mit drei kraftvollen Redebeiträgen. In Gänze waren ca. 150 Menschen vor Ort und zeigten einmal mehr, dass mensch sich städtische Räume sehr niedrigschwellig aneignen und kritisch hinterfragen kann.
Der Leopoldplatz als Veranstaltungsort war nicht zufällig gewählt. Hier verbinden sich sowohl die Themen der Kundgebung, als auch die Inhalte des Films miteinander. In besonders krassem Widerspruch stand das Freiluftkino dieses Mal zum parallel endenden Wedding Markt auf dem Platz, der einer reinen Konsumlogik folgt und an dem sich die Nazareth-Kirchgemeinde bereichert. aheliegend, dass die Kundgebung auch Bezug auf die mietenpolitischen Proteste der vergangenen Tage nahm. Am Samstag, den 09.09.2017 zog die Demonstration „Wem gehört die Stadt“ lautstark und wütend durch Berlin, während zuvor, am 08.09.2017 mietenpolitische Aktionstag stattfand.
Im ersten Redebeitrag der Kundgebung stellte die Berliner Kampagne „Ban Racial Profiling – Gefährliche Orte abschaffen” vor und präsentierte zwei, im Zuge der Kampagne entstandene Videoclips mit Selbstzeugnissen von Racial Profiling betroffener Menschen. Diese verdeutlichten nicht nur die rassistischen und diskriminierenden Strukturen hinter verdachtsunabhängigen Polizeikontrollen, sondern auch die individuellen Folgen dieser entwürdigenden Praxis. Diese trifft nicht nur von rassistischen Zuschreibungen Betroffene, sondern auch durch materielle Armut stigmatisierte Menschen. An Orten, wie dem Leopoldplatz werden sie bewusst schikaniert und vertrieben. Während deren Verdrängung auf dem Vorplatz – Privateigentum der Nazareth-Kirchgemeinde – mit Verboten und kommerziellen Veranstaltungen Vorschub geleistet wird, fördert der Senat diese durch die Ermöglichung verdachtsunabhängiger Polizeikontrollen.
Auch an diesem Abend zeigte sich, wie übergriffig die Polizei auf Menschen reagiert, die sie als störend kategorisiert. Als eine Person mehrmals die Leinwand kreuzte, stürzte sich die anwesende Polizei auf diese, um sie zu vertreiben. Erst durch Ansprache und den Verweis darauf, dass Veranstalter*innen den Dialog suchen werden, beendeten sie dies. Geradezu grotesk wirkte daher der parallel dazu vor der Leinwand auf und abgehende . Wir rufen euch daher dazu auf, stehen zu bleiben, wenn ihr solche Kontrollen erlebt, die auch auf dem Leopoldplatz täglich stattfindenden. Sprecht die Betroffenen an und bietet euch als Zeug*innen an. Nur so wird Solidarität praktisch!
Der zweite Teil der Kundgebung nahm Bezug auf die kapitalistische Umstrukturierung des Weddings, die Notwendigkeit mietenpolitischer Proteste und selbstbewusster Selbstorganisation. Klar wurde, wir nehmen es nicht hin, dass Menschen durch Mieterhöhungen, Sanierung und Neubau luxuriöser Eigentums- und Mietwohnungen, das Versagen der Jobcenter, brutale Zwangsräumungen, die Vertreibung obdachloser Menschen aus dem öffentlichen Raum, ausgrenzende Massenunterbringung asylsuchender Menschen sowie die Zerstörung selbstorganisierter Räume (Stadtteilladen Friedel54) und Jugendzentren (Potse/Drugstore) verdrängt werden. Wir lassen uns nicht von ordnungs- und sicherheitspolitischen Phrasen täuschen oder durch aggressive Polizeipräsenz einschüchtern. Im Gegenteilwir werden
Zuletzt präsentierten Menschen aus dem Wedding das „Kiezhaus Agnes Reinhold“. Dieser sich in der Gründungsphase befindende,soziale Raum ist Ausdruck notwendige . Es gilt gemeinsam gegen Verdrängung, soziale und rassistische Ausgrenzung sowie zu kämpfen. Das Kiezhaus wird somit zum Ort des Austausches, der Selbstorganisation und Ausgangspunkt einer gemeinsamen Bewegung, die sich nicht von Scheinbeteiligung täuschen lässt, sonder die ihr Lebensumfeld aktiv gestaltet und verändert.
Im Dokumentarfilm selbst ging es um Freiraum- und Wohnkämpfe im Ruhrgebiet. Projekte, Gruppen und Initiativen, wie Stadtteilläden, Mieter*inneninitiativen, Solidarische Landwirtschaftskollektive, Graffiti-Crews, Künstler*innenzusammenschlüsse und Repair Cafés stellen ihre unterschiedlichen Ansätze von Selbstorganisation vor. Offensichtlich werdende Widersprüche und Potenziale konnten im Anschluss in einer Fragerunde mit dem Regisseur Matthias Coers besprochen werden. Schnell wurden Schnittmengen und Unterschiede zur Berliner Situation thematisiert. Stille Hausbesetzungen und Zwangsräumungen waren ebenso Thema, wie.
Wir freuen uns bereits auf die nächste gemeinsame Veranstaltung im öffentlichen Raum und ermuntern euch zu eigenen selbstorganisierten Aktionen. Solidarität zwischen den Bewohner*innen des Weddings kann eine Basis für ein selbstbestimmtes Leben und den Widerstand gegen kapitalistische und ausgrenzende Stadtpolitik schaffen. Also, worauf wartet ihr?